Fundstück #08

1931: Die Weltwirtschaftskrise erreichte ihren Höhepunkt. In Deutschland gab es 70 000 Konkurse und 6 Millionen Arbeitslose. Die Nationalsozialisten um Adolf Hitler gewannen immer mehr Anhänger …der MSC Pfaffenhofen wiederum war gerade vier Jahre alt …und die Mitglieder waren einfallsreich, wie dieses Originaldokument zeigt:

DIE BALLONVERFOLGUNGSFAHRT

Am 11. Oktober 1931, nachmittags um zwei Uhr versammelten sich die 14 Teilnehmer an der Ballonverfolgungsfahrt am Schlachthof und fuhren geschlossen über Geisenfeld in die Gegend von Engelbrechtsmünster. Um die Windrichtung und –stärke festzustellen, wurden am Friedhof in Geisenfeld zwei Kinderballons und bei Engelbrechtsmünster ein weiterer losgelassen.

Einstweilen wurden östlich von Engelbrechtsmünster, ca. 200 Meter von der Ortschaft entfernt, die drei Heißluftballons von 3,2 Metern Höhe (noch zusammengefaltet) bereitgestellt und die Verfolger in drei Gruppen geteilt: Eine Gruppe (Motorräder unter 300 ccm) hatte drei Teilnehmer, die zweite (Räder über 300 ccm) hatte drei Solo- und einen Beiwagenfahrer zu nennen. Die dritte Gruppe bestand aus fünf Wagenfahrern.

Der erste Ballon wurde auf einem ziemlich windigen Hügel vorbereitet (d.h.: auseinandergelegt) und der Hartgummi in Brand gesetzt. Beinahe wäre bei dieser Gelegenheit auch die Papierhülle in Brand geraten, was natürlich nicht beabsichtigt war. Auch hier hatte das Sprichwort Geltung: Viele Köche verderben den Brei! Die Sache war eben neuartig und jeder glaubte seinen Senf drein geben zu müssen. Das zweite Mal stellte man sich an der Straßenböschung schon geschickter an und beim dritten Ballon fühlten sich alle als Meister.

Nachdem der erste Ballon glücklich zum Schweben kam und mit seiner gelben Farbe wie ein richtiger Freiballon wirkte, wurden die Leichtmotorräder auf die Reise geschickt. Mit dem zweiten dann die schweren Räder und mit dem dritten die Herren Fahrer auf ihren Autos.

Lange dauerte das Schweben in der Luft nicht (ca. 300 Meter Höhe). Nachdem sich mancher den Hals halb ausgedreht hatte, ging jeder Ballon an irgendeiner unpassenden Stelle, meist in einem Sturzacker, nordwestlich von Geisenfeld nieder. Höchstens drei Kilometer in der Luftlinie legte jeder Ballon zurück, um dann vom Sieger seiner Trophäe beraubt zu werden.

Wie gewöhnlich fand dann am Abend eine recht gemütliche Siegesfeier im Müllerbräu-Vereinslokal statt. Am Flügel Richard (Pardon!) …Anton Staab. Schmunzelnd nahmen nach der Preisverkündigung die drei ersten und einzigen Sieger (von den „Steuerfreien“ Hans Bergmeister jun., von den schweren Schnauflern Lagerhausverwalter Redelsberger und von den Autofahrern Adolf Stiglmayr) ihre schweren Gänse in Empfang.

Originalbericht aus dem Jahr 1931, ©MSC Pfaffenhofen e.V. im ADAC